AuPair – Au Weh: Ein lustiger Erfahrungsbericht einer deutschen Gastmutter

Wie der Buchtitel schon andeutet, gerät der dreimonatige Au-pair-Besuch einer jungen Frau aus dem Ausland für Gastmutter Mony Mürr zum Desaster.

Ihre kuriosen Erfahrungen lesen sich sehr lustig, sollten aber bitte als Einzelfall betrachtet werden und das Konzept Au-pair nicht grundsätzlich in Frage stellen.

Episoden aus dem Familienalltag

Märthe, die von einer Insel kommt – das genaue Herkunftsland verschweigt die Autorin geflissentlich –, hatte nur einen einzigen Beweggrund, Au-pair zu werden: „Sie will von einem deutschen Mann geheiratet werden und in Deutschland leben. So wie ihre Cousine auch.“ Weil schon ihr Visumsantrag wenig plausible Gründe für den Au-pair-Aufenthalt der Germanistik-Studentin lieferte, wurde er von der Botschaft im ersten Anlauf auch abgelehnt. Aber die Gastfamilie ist von ihrem zukünftigen Au-pair überzeugt und erhebt dagegen erfolgreich Einspruch („Remonstration“). Märthe reist ein und demonstriert fortan, wie ungeeignet sie als Au-pair ist. Das fängt damit an, dass sie trotz gegenteiliger Behauptungen weder Führerschein noch Fahrpraxis hat, was für die Familie eine wichtige Voraussetzung war: „Nach ihrer eigenen Aussage kann sie nicht schalten und nicht lenken, und wer sie einmal hat Fahrradfahren sehen, der kann dies nur bestätigen.“

Sie kommt überhaupt nicht mit den beiden Jungs zurecht, kann ihnen weder Grenzen setzen, noch sie zuverlässig beaufsichtigen. Stattdessen belagert sie den Jüngeren während des Spiels, bis der sich gestört fühlt. Auch hält sie sich nicht an die Vereinbarung, ihn auf seinem Schulweg nur bis zu einem bestimmten Punkt zu begleiten, sondern bringt ihn stattdessen bis ins Klassenzimmer – zum Ärger des Jungen und der Lehrerin. Den Älteren ignoriert sie im Gegenzug. Märthe kann auch nicht kochen, nicht einmal Fertiggerichte zubereiten, und vergisst oft, den Herd hinterher auszuschalten.

Das Hauptproblem ist, dass sie kaum spricht, was nicht an mangelnden Deutschkenntnissen liegt. Das führt unter anderem dazu, dass sie nicht an das Festnetztelefon der Familie geht, wenn es klingelt. Sie fürchtet sich, in den Keller zu gehen, und hat Angst, wenn sie alleine zuhause ist. Insgesamt kann oder will Märthe nichts selbstständig machen, außer „ihre diversen Brieffreunde zu treffen“.

Falsche Erwartungen des Au-pairs

Das alles liest sich sehr unterhaltsam. Es ist aber selten ein nur belächelnder Ton, den die Autorin gegenüber ihrem lebensuntüchtigen Au-pair anschlägt. Wie sie schon im Vorwort betont, möchte sie das Konzept Au-pair nicht grundsätzlich in Frage stellen: „Trotzdem möchte ich ausdrücklich betonen, dass es sich hierbei um eine einzelne private Tragödie/Komödie handelt, quasi ein Einzelschicksal.“ Und auch wenn Mony Mürr dem Au-pair nach drei Monaten – verständlicherweise – kündigt, hat sie sich viele Gedanken über diesen –- vermutlich weiterhin unglücklichen -– Menschen gemacht: „So machte sich das Mädchen Tag für Tag unverdrossen auf den Weg, um endlich einen Prinzen zu finden, der heiraten wollte. Dabei übersah es aber all die anderen Chancen und vielen Möglichkeiten, die das Leben ihm angeboten hat.“
Dass die Au-pair-Zeit für alle Beteiligten eine bereichernde Erfahrung sein kann, zeigt zum Bespiel die Würdigung der Georgierin Nato, die vom pme Familienservice zum Au-pair des Jahres gekürt wurde: „Es vergeht kein Tag, an dem sie nicht singend oder lachend durch das Haus läuft. Zudem ist Nato sehr hilfsbereit und erkennt sofort, wo sie am besten mit anpacken kann. Nato pflegt einen tollen Umgang mit den Kindern. Sie bringt ihre Kreativität in den Alltag der Kinder mit ein (…). Sollte es draußen einmal allzu sehr regnen, wird drinnen gesungen oder getanzt.“

Für wen sich das Buch eignet

Gerade die „Moral von der Geschicht‘: Ohne vernünftigen Plan verlass‘ die Insel nicht!“ wendet sich explizit an Au-pairs. Nun ist es leider unwahrscheinlich, dass diese ein solches Buch vor ihrer Ausreise lesen. Es bleibt zu hoffen, dass sich zukünftige deutsche Gasteltern, die es sich wohl eher zur Hand nehmen, nicht von dem Pleiten-Pech-und-Pannen-Bericht abschrecken lassen. Ihnen sei zur Beruhigung versichert, dass die meisten der jährlichen rund 14.000 Au-pair-Aufenthalte positiv verlaufen. Wenn davon nur selten zu lesen ist, liegt das einfach daran, dass sich gute Erfahrungen weder amüsant noch reißerisch verwerten lassen.

Wer gerne lacht und auch das eigene tägliche Jonglieren mit Kindern, Haushalt und Beruf mit Humor nimmt, hat bestimmt Freude an den Erlebnissen der Mony Mürr und ihrer Familie.

Mony Mürr: AuPair? – Au Weh! Ein Gastspiel in drei Monaten
ISBN 978-3-7469-9344-7
Hamburg: tredition Verlag 2019, 7,80 €

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